ST.PÖLTEN 2007
KLANGTURM / DIÖZESANMUSEUM / KREUZGANG / STADTSÄLE / CINEMA PARADISO
Ebene 3. Orfeus. Sound / Intermedium Orfeus07
Überblick über den Orpheus - Mythos

Orpheus und die Musik / Orpheus und Eurydike

Orpheus wird um 1600 vor Christus erstmals erwähnt, im 4. Jh. vor Chr. stellte ihn Aischylos in den Mittelpunkt seiner Tragödie.
Über 1000 Jahre hinweg blieb er in Griechenland eine bekannte und beliebte Gestalt. Nicht zu beantworten ist die Frage,
ob Orpheus als reale Person existiert hat, eine mythische Figur ist oder gar mehrere mythische Persönlichkeiten in seiner
Gestalt zusammenfließen. Quellen der Überlieferung sind in erster Linie literarische Erwähnungen und archäologische Funde,
die Orpheus als Gott, Halbgott, Heros, Prophet oder magischen Sänger darstellen.


Drei Aspekte lassen sich ausmachen, auf die sich das Interesse an Orpheus - konzentriert:

Erstens wurde er als Begründer einer religiösen Tendenz angesehen und verehrt;
zweitens galt er als außergewöhnlicher Sänger und
drittens faszinierte sein tragischer Tod.


Orpheus und die Musik

Aus den widersprüchlichen Quellen lassen sich folgende Fakten zusammentragen:

Orpheus stammte aus Tracien, nördlich von Mazedonien. Als sein Vater wird manchmal Apollon, manchmal der trakische
Flussgott oder König Oigros genannt. Als seine Mutter gilt zumeist Kalliope, eine der neun Musen, die als "Schönstimmige"
bekannt war. Von seinen Eltern erlernte Orpheus das Musizieren; Apollon schenkte ihm eine Leier, die Musen lehrten ihn,
auf ihr zu spielen. Deshalb wird Orpheus oft als Erfinder der Musik oder zumindest des Leierspiels dargestellt.
Die Wirkung seines Gesanges und Spiels wird stets als tiefgreifend und mäßigend beschrieben. Orpheus` Musik bezauberte
Menschen, Tiere und Pflanzen, Orpheus erreichte mit seinem Gesang Bilder paradiesischen Friedens. Seine Musik hatte jedoch
nicht nur besänftigende Macht; sie konnte auch Bäume und Felsen in maßvolle Bewegung versetzen. Von alten Bergeichen in
Tracien wird berichtet, dass sie sich in die Stellung von Tänzern begaben, wenn Orpheus sang. Sein Gesang und sein
Saitenspiel brachten Ruhe und Ordnung unter die Menschen.


Orpheus und Eurydike

Ein bedeutsames Ereignis in Orpheus` Leben war die Teilnahme an der Argonautenfahrt. Die Argonauten waren griechische
Helden, die mit Jason ausfuhren, um das goldene Vlies zu suchen. Auf dieser Fahrt besänftigte Orpheus` Musik einen
Sturmwind, stiftete Frieden unter der unruhigen Mannschaft und rettete das Schiff vor den Sirenen durch Übertönen ihres
Gesanges. Wahrscheinlich heiratete Orpheus nach der Argonautenfahrt Eurydike, eine Naidennymphe. Die Geschichten,
die Orpheus und Eurydike betreffen, wurden zuerst von Vergil und Ovid im ersten Jh. nach Chr. schriftlich festgehalten.
Bereits kurz nach der Hochzeit wurde Eurydike von dem verliebten Aristaios verfolgt. In ihrem Eifer, diesem zu entkommen,
trat sie auf eine Schlange, durch deren Biss sie starb. In der bekanntesten Version des Mythos ist Orpheus` Trauer um Eurydike
der Anlass für seinen Abstieg in die Unterwelt. In der Unterwelt sang und spielte Orpheus so wunderbar, dass er alle Gestalten
zutiefst berührte: den Fährmann Charon, den Höllenhund Cerberus, die Totenrichter, die Verdammten, selbst die Erynnien,
Persephone und Hades. So erhielt er schließlich von Hades die Erlaubnis, Eurydike mit sich zurück ins Leben zu nehmen.
Hades stellte nur eine Bedingung, Orpheus dürfe nicht zurückschauen, bevor beide sicher das Licht der Sonne erreicht hätten.
Eurydike folgte Orpheus durch den dunklen Gang, geführt von seinem Gesang und den Klängen seiner Leier. Entgegen dem
Verbot blickte Orpheus jedoch vorzeitig zurück: Eurydike verschwand sofort, sie wurde wieder zum Schatten und Orpheus verlor
sie für immer. Das Tabu, nicht zurücksehen zu dürfen, hat wahrscheinlich einen sehr frühen Ursprung; es starb nie aus und war
in der abergläubischen hellenistischen und graecoromanischen Zeit sehr lebendig. Von der Geschichte des Orpheus nach
Eurydikes Tod, vor allem von seinem eigenen Tod und dessen Ursache gibt es mehrere Versionen. Eine Version erzählt von
seinem Selbstmord; andere Versionen berichten, dass trakische Frauen oder Mänaden ihn in Stücke rissen, weil er Frauen nach
dem Tod Eurydikes mied, weil jede der Mänaden ihn für sich begehrte oder auch weil er der erste Mann war, der Knaben liebte.
Allein die Musen trauerten und weinten nach Orpheus` Tod. Sie sammelten seine Glieder und begruben sie.

Nach anderen Überlieferungen sollen männliche Götter Orpheus` Tod verursacht haben. So soll er von Zeus durch einen
Blitzschlag erschlagen worden sein, weil er zu viele Mysterien enthüllte. Nach einer anderen Version wurde das Haupt des
getöteten Orpheus von den Mänaden in den Fluss Hebros geworfen. Immer noch singend schwamm es zum Meer und wurde
zur Insel Lesbos getragen. Dort befahl Apollon dem Haupt zu schweigen, weil seine Orakel gestört werde: "Störe meine Kreise
nicht", rief Apoll, "lange genug habe ich dich und dein Singen ertragen". Darauf verstummte der Mund für immer.
Schließlich setzte Zeus auf Fürsprache von Apollon und der Musen zur Erinnerung an Orpheus das musikalische Symbol,
die Leier, unter die Sternbilder.

(zitiert und neu zusammengestellt nach:
Ruth-Gisela Klausmeier Der Mythos von Orpheus, Versuch einer psychoanalytischen Interpretation)

Intermedium Orfeus07. Ebene 3 / Info 1
Intermedium Orfeus07. Multimedia-Projekte im und rund um den Klangturm St. Pölten 2007.

preloading. Orfeus Cinema07, 19. April/18.30 Uhr, Cinema Paradiso.
Passion123, 23. Juni 2007/20.30 Uhr, Diözesanmuseum.
Parsifal Entfernung. Sakrileg Kundry, 29. Juni 2007/20.30 Uhr, Stadtsäle.

In Kooperation mit: Klangturm St. Pölten, kunst im öffentlichen raum niederösterreich, Diözesanmuseum St. Pölten, Bildungshaus
St. Hippoyt St. Pölten, Kulturamt der Stadt St. Pölten, Stadtmuseum St. Pölten, Fachhochschule St. Pölten und Cinema Paradiso

Klangturm Saison 2007 Gesamtkuratierung: Hannes Raffaseder. Produktionsleitung: Martina Bertl und Marjan Nedeljkovic