Wien / Berlin © 2007
Diskurs mediumorfeus07
Topografie des Terrors - Berlin. Dirk Buecker, Berlin / Sascha Hinz, Münster
Topografie des Terrors

Systematisch wurde hier nach dem Ende des Krieges jede materielle Erinnerung an die durch
zentrale NS-Stellen benutzten Orte entsorgt. Don’t look back! Erst Bauschuttgewinnung dann
Verkehrsübungsplatz, schließlich edles schweizer Design für das gepflegte Gedenken - auch
entsorgt. 

Situation 

Die auf dem Gelände vorhandenen Fundamente und Kellerreste sind die letzten
authentischen Zeugnisse einer ehemaligen Bebauung, welche eine Häufung von NS-Institutionen
beinhaltete. Aufgrund der baulichen Überreste ist das Gelände der Topografie des Terrors ein
authentischer Dokumentations-Ort, gerade im Vergleich zum Mahnmal für die ermordeten Juden
und zum Jüdischen Museum Berlin. Kennzeichnend für den heutigen Ort ist einerseits das fast
vollständige Fehlen von baulichen Zeugnissen sowie andererseits der historische Prozess des
Verlustes der Bausubstanz.

Die Besucher betreten ein verlassenes Gelände, dessen Geschichte sich lediglich über die
ausgestellte Dokumentation in Form von Fotografien, Plänen und Zeitzeugenberichte, mithin
Flachware, erschließt. Archäologische Ausgrabungen wurden unternommen, um zumindest eine
Vergewisserung darüber zu erreichen, daß an diesem Ort etwas war. Es ist der verzweifelte
Versuch, Geschichte greifbar zu machen ohne etwas in der Hand zu haben. 

Ansatz 

Zwei neue Volumen werden exakt in die Hohlräume der ehemaligen Bebauung platziert.
Das heißt, es werden stellvertretend zwei ehemalige Hofräume bebaut. Durch die Umkehrung der
Volumen entsteht ein Eindruck von den originalen Gebäudeverhältnissen, ohne den authentischen
Ort nur zu rekonstruieren. So entsteht der seinerzeitige Ort punktuell als leeres Volumen aus dem
heutigen Zwischenraum. Ein gedankliches Gebäude schält sich aus dem Gelände heraus. 

Die materielle Abwesenheit der gebauten Geschichte wird quasi als "Leerformel" sichtbar, ebenso
die an diesem Ort immer präsente Anwesenheit der Geschichte. Es geht hierbei nicht um eine
exakte Rekonstruktion im bauwissenschaftlichen Sinn, sondern um eine Lesehilfe für das Gelände.
Die Topografie wird ansonsten idealerweise nicht oder kaum weiter verändert. Der unwirtliche
Brachen- Charakter wird durch den Kontrast der scharf geschnittenen neuen Körper verstärkt. 

Umsetzung 

Der größere Baukörper beinhaltet das Raumprogramm, während der kleinere den notwendigen
Aushub aufnimmt. Ihr Abschluß mit einer schrägen Ebene ist jeweils begehbar. Eine Rampe führt
von der Ebene der Freifläche innerhalb der Fassade des großen Volumens bis hin auf die geneigte
Dachfläche.Der Zugang zum Gebäude ist - beidseitig in der Ausgrabungsebene möglich. Auf der
Ausgrabungsebene ist auch das Ausstellungsgeschoss angelegt. Im Obergeschoss sind die
übrigen Räume untergebracht, die der Tätigkeit der Stiftung sowie der Vermittlung dienen. 

Die bisher notdürftig geschützten Ausgrabungen werden mit flach geneigten Bleiflächen abgedeckt.
Die Bleiflächen sind in etwa auf Geländeebene angeordnet. Sowohl die Fundamente als auch die
Reste der Zellenböden des Gestapo-Hausgefängnisses sowie der SS- Verpflegungsbaracke sind
auf Kellerbodenhöhe unterhalb des Geländeniveaus zu besichtigen.
Dirk Bücker
Topografie des Terrors - Berlin. Dirk Buecker, Berlin / Sascha Hinz, Münster