Die andere Seite
Zyklus um das Jahr 2009_
Eberhard Kloke/Markus Wintersberger, Berlin-Wien September 2007 / Stand 27.02.2008
DaS_Die Vorstadt. Bild Niklas Zimmer, 2008

Ausgangspunkt für den Projektzyklus Die andere Seite bildet Alfred Kubins Roman Die andere Seite
(erschienen 1909).Der Zeichner und Romancier Alfred Kubin entwirft in phantastischen und surrealen Bildern
ein apokalyptisches Szenario über den Untergang einer (Traum-)Gesellschaft.

Geschildert werden die Erlebnisse eines fiktiven Erzählers, der von einem früheren Schulfreund eingeladen
wird, ein von ihm geschaffenes Traumreich zu besuchen. Er verbringt drei Jahre dort, bis das Traumreich
zerstört wird, überleben kann er nur durch Rückkehr in die Realität. Alfred Kubin schrieb dieses Erzählwerk in
einer auf die zeitgenössische Tendenz bezogenen Darstellung von Endzeitstimmung mit damit
einhergehenden psychischen Anomalien einer Untergangsgesellschaft.

Die andere Seite ist überreich an Symbolik, die zudem noch unterstützt wird durch Kubins eigenhändige
Illustrationen. Zur Darstellung der Stadt Perle diente Pieter Bruegels „Turmbau zu Babel“ (1563) als
Inspirationsquelle.

Parallelen zur realen Welt sind offensichtlich (1909). Noch umso deutlicher verweisen Kubins phantastische
und surreale Szenarien auf aktuellere apokalyptische Fantasien (2009):

Im Kern geht es um die Diskrepanz zwischen dem Verfall eines von Politik und Wirtschaft lancierten
Wertsystems einerseits und den Visionen von Literatur und Kunst andererseits.
DaS_Die Vorstadt. Bild Niklas Zimmer, 2008

Der Projektzyklus Die andere Seite greift die historische Metapher von Alfred Kubin auf und übersetzt sie
in einen heutigen konzeptionellen Kontext. So wird der phantastische Romaninhalt rezeptiv-produktiv
weitergesponnen, indem heutige Metaphern und Elemente heutiger künstlerischer Wahrnehmungs-Selektion
in ein inter-mediales Netzwerk eingespeist werden.

Der intermediale Diskurs eröffnet über einen spannenden Netzwerk-Diskurs hinaus futuristische Räume der
Visualität, des Klanges sowie neuer ästhetischer Darstellungs-Strategien.

„Wie Walter Benjamin vor langer Zeit notierte, stoßen künstlerische Formen öfters gegen ihre eigenen
Grenzen und benutzen Verfahren, die zumindest aus unserer Rückschau auf eine neue Technologie zu zielen
scheinen, die imstande sein wird, als ein „natürlicheres“ und besser geeignetes „objektives Korrelat“ zur
Lebenserfahrung zu dienen, die die alten Formen mit Hilfe ihrer „exzessiven“ Versuche wiederzugeben sich
bemühen“ (Zizek, Slavoj Der zweite Tod der Oper Ableger Band 1. Kulturverlag Kadmos. Berlin 2008)

„Die Geschichte jeder Kunstform hat kritische Zeiten, in denen diese Form auf Effekte hindrängt, die sich
zwanglos erst bei einem veränderten technischen Standard, d.h. in einer neuen Kunstform ergeben können.
Die derart, zumal in den sogenannten Verfallszeiten, sich ergebenden Extravaganzen und Kruditäten der
Kunst gehen in Wirklichkeit aus ihrem reichsten historischen Kräftezentrum hervor.“ (W. Benjamin, DKiZstR,
1936 in der „
Zeitschrift für Sozialforschung“)

Die andere Seite markiert konzeptionell diese Schnittstelle und versucht durch experimentelles Forschen
mittels audiovisueller Technik den künstlerischen wie intermedialen Diskurs voranzutreiben. (Eberhard Kloke)

DaS_Der Alltag. Bild Eberhard Kloke, 2008
Projekt Die andere Seite 2008_2009
Alle audiovisuellen Beiträge sind von Markus Wintersberger (Bild/Video) und  Eberhard Kloke (Programm/Audio)

Einzelprojekte zu dieandereseite von Markus Wintersberger und Eberhard Kloke (Programm-Konzept, locations, audiovisuelle Konzeption und Umsetzung)

Posaunen, Euphonium: Thomas Leyendecker
Sopran-Sprechstimme: Annette Robbert
Klavier: Eberhard Kloke und weitere

Markus Wintersberger (Bild/Video) / Eberhard Kloke (Musik-Programm/Audio) in progress...