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Orfeo-Orpheus-mediumorfeus07
Erinnerung durch Wahrnehmung: Von Orfeo in das Medienzeitalter des 21. Jahrhunderts

Ein Projekt von Eberhard Kloke - Markus Wintersberger
Überblick über den Orpheus - Mythos

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zitiert nach : Ruth-Gisela Klausmeier Der Mythos von Orpheus, Versuch einer psychoanalytischen Interpretation in:
Jahrbuch der Psychoanalyse Band 18, Rottweil 1986 


Orpheus wird um 1600 vor Christus erstmals erwähnt, im 4. Jh. vor Chr. stellte ihn Aischylos in den Mittelpunkt seiner Tragödie.
Über 1000 Jahre hinweg blieb er in Griechenland eine bekannte und beliebte Gestalt. Nicht zu beantworten ist die Frage,
ob Orpheus als reale Person existiert hat, eine mythische Figur ist oder gar mehrere mythische Persönlichkeiten in seiner Gestalt
zusammenfließen. Quellen der Überlieferung sind in erster Linie literarische Erwähnungen und archäologische Funde, die Orpheus
als Gott, Halbgott, Heros, Prophet oder magischen Sänger darstellen. Wer ein System über Orpheus aufstellen will, verstrickt
sich daher unweigerlich in Widersprüche. Dennoch lassen sich drei Aspekte ausmachen, auf die sich das Interesse an Orpheus
konzentriert:

Erstens wurde er als Begründer einer religiösen Tendenz angesehen und verehrt; zweitens galt er als außergewöhnlicher Sänger
und drittens faszinierte sein tragischer Tod. Aus den widersprüchlichen Quellen lassen sich folgende Fakten zusammentragen:

Orpheus stammte aus Tracien, nördlich von Mazedonien. Als sein Vater wird manchmal Apollon,
manchmal der trakische Flussgott oder König Oigros genannt. Als seine Mutter gilt zumeist Kalliope, eine der neun Musen,
die als "Schönstimmige" bekannt war. Von seinen Eltern erlernte Orpheus das Musizieren; Apollon schenkte ihm eine Leier,
die Musen lehrten ihn, auf ihr zu spielen. Zuweilen wird Orpheus als Erfinder der Musik oder zumindest des Leierspiels dargestellt.
Die Wirkung seines Gesanges und Spiels wird stets als tiefgreifend und mäßigend beschrieben. Orpheus` Musik bezauberte
Menschen, Tiere und Pflanzen...Orpheus erreichte mit seinem Gesang Bilder paradiesischen Friedens. Seine Musik hatte jedoch
nicht nur besänftigende Macht; sie konnte auch Bäume und Felsen in maßvolle Bewegung versetzen. Von alten Bergeichen in
Tracien wird berichtet, dass sie sich in die Stellung von von Tänzern begaben, wenn Orpheus sang. Sein Gesang und sein
Saitenspiel brachten Ruhe und Ordnung unter die Menschen. 

Ein bedeutsames Ereignis in Orpheus` Leben war die Teilnahme an der Argonautenfahrt.
Die Argonauten waren griechische Helden, die mit Jason ausfuhren, um das goldene Vlies zu suchen. Auf dieser Fahrt
besänftigte Orpheus` Musik einen Sturmwind, stiftete Frieden unter der unruhigen Mannschaft und rettete das Schiff vor den
Sirenen durch Übertönen ihres Gesanges. Wahrscheinlich heiratete Orpheus nach der Argonautenfahrt Eurydike, eine
Naidennymphe. Die Geschichten, die Orpheus und Eurydike betreffen, wurden zuerst von Vergil und Ovid im ersten Jh. nach
Chr. schriftlich festgehalten. Bereits kurz nach der Hochzeit wurde Eurydike von dem verliebten Aristaios verfolgt.
In ihrem Eifer, diesem zu entkommen, trat sie auf eine Schlange, durch deren Biss sie starb.

In der bekanntesten Version des Mythos ist Orpheus` Trauer um Eurydike der Anlass für seinen Abstieg in die Unterwelt.
In der Unterwelt sang und spielte Orpheus so wunderbar, dass er alle Gestalten zutiefst berührte: den Fährmann Charon,
den Höllenhund Cerberus, die Totenrichter, die Verdammten, selbst die Erynnien, Persephone und Hades. So erhielt er
schließlich von Hades die Erlaubnis, Eurydike mit sich zurück ins Leben zu nehmen. Hades stellte nur eine Bedingung,
Orpheus dürfe nicht zurückschauen, bevor beide sicher das Licht der Sonne erreicht hätten. Eurydike folgte Orpheus durch
den dunklen Gang, geführt von seinem Gesang und den Klängen seiner Leier. Entgegen dem Verbot blickte Orpheus jedoch
vorzeitig zurück: Eurydike verschwand sofort, sie wurde wieder zum Schatten und Orpheus verlor sie für immer.
Das Tabu, nicht zurücksehen zu dürfen, hat wahrscheinlich einen sehr frühen Ursprung; es starb nie aus und war in der
abergläubischen hellenistischen und graecoromanischen Zeit sehr lebendig....

Von der Geschichte des Orpheus nach Eurydikes Tod, vor allem von seinem eigenen Tod und dessen Ursache gibt es mehrere
Versionen. Eine Version erzählt von seinem Selbstmord; andere Versionen berichten, dass trakische Frauen oder Mänaden ihn
in Stücke rissen, weil er Frauen nach dem Tod Eurydikes mied, weil jede der Mänaden ihn für sich begehrte oder auch weil er
der erste Mann war, der Knaben liebte.Allein die Musen trauerten und weinten nach Orpheus`  Tod. Sie sammelten seine Glieder
und begruben sie.

Nach anderen Überlieferungen sollen männliche Götter Orpheus` Tod verursacht haben. So soll er von Zeus durch einen
Blitzschlag erschlagen worden sein, weil er zu viele Mysterien enthüllte. Nach einer anderen Version wurde das Haupt des
getöteten Orpheus von den Mänaden in den Fluss Hebros geworfen. Immer noch singend schwamm es zum Meer und wurde
zur Insel Lesbos getragen. Dort befahl Apollon dem Haupt zu schweigen, weil seine Orakel gestört werde: "Störe meine Kreise
nicht", rief Apoll, "lange genug habe ich dich und dein Singen ertragen". Darauf verstummte der Mund für immer.
Schließlich setzte Zeus auf Fürsprache von Apollon und der Musen zur Erinnerung an Orpheus das musikalische Symbol,
die Leier, unter die Sternbilder. 

Wie bereits festgestellt wurde, sind alle Berichte über Orpheus sowie alle ihm zugeschriebenen Gesänge nur fragmentarisch,
und es bleibt ungewiss, ob es eine entsprechende historische Gestalt gegeben hat...Im Zuge der Entwicklung des griechischen
Weltbildes wurden wahrscheinlich dem Mythos und der Gestalt des Orpheus immer neue Teile hinzugefügt. Orpheus` Gang in die
Unterwelt ist jener Teil des Mythos, der in Literatur und Musik vielfach behandelt worden ist..
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Das Martyrium des Orpheus

"Aischylos erzählte von Orpheus in der Tragödie "Bassarai", dem zweiten Teil seiner "Lykurgie". Erhalten sind Fragmente und ein
kurzer Bericht des Eratosthenes, Orpheus war aus dem Hades mit dem Entschluß zurückgekehrt, nunmehr, nachdem er die Welt
dort unten gesehen hatte, Helios als größten Gott zu ehren, nicht mehr Dionysos, Helios aber nannte er Apollo. Dionysos geriet
über seinen Künder, seinen Propheten in heftigen Zorn, rief seine Bassariden, daß sie Orpheus ergriffen. Sie zerrissen ihn und
zerstreuten seine Glieder. Die Musen aber kamen, sammelten die Glieder und bestatteten sie. Orpheus widerfuhr ein Martyrium.
Ihm widerfuhr ein Gleiches, das Dionysos selbst durch die Titanen geschehen war."
Storch, Wolfgang (Hg.) Mythos ORPHEUS. Reclam Leipzig 1997, darin Das Martyrium des Orpheus
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"Ein Erzähler wusste hingegen von einem großen, für geheime Riten eingerichteten Initiationshaus in der makedonischen Stadt
Libethra – wohl einem ähnlichen wie jenes, das auf Samothrake ausgegraben wurde. Dorthin kamen an bestimmten Tagen zu
Orpheus die Männer der Thraker und der Makedonen. Sie pflegten ihre Waffen vor den Türen niederzulegen. Die zürnenden Frauen
griffen die Waffen auf, töteten die Männer, die in ihre Hände fielen, und warfen den zerstückelten Leib des Weihepriesters Orpheus
Glied für Glied in das Meer. Nach dieser Erzählung schwamm der Kopf des Sängers in die Flussmündung des Meles bei Smyrna
hinüber, wo später Homeros, der Dichter des Trojanischen Krieges, als Sohn des Flussgottes sollte geboren werden. Dort wurde
das Haupt aufgehoben und ein Heroon des Orpheus, später ein Heiligtum, errichtet, das keine Frau betreten durfte."
(Karl Kerényi Die Mythologie der Griechen Band II: Die Heroen-Geschichten, darin Orpheus und Eurydike)